Was ist psychologische Sicherheit und warum ist sie so wichtig für erfolgreiche Teams?

Psychologische Sicherheit ist ein wichtiger Faktor für die Leistung und Zufriedenheit im Team. Wenn sich die Teammitglieder sicher und geschätzt fühlen, sind sie bereit, offen zu kommunizieren, sich gegenseitig zuzuhören, Ideen auszutauschen und gemeinsam an der Lösung von Problemstellungen zu arbeiten.

Was bedeutet Psychologische Sicherheit?

Psychologische Sicherheit bedeutet, dass eine Person im Team (oder ein Team innerhalb einer Organisation) Risiken eingehen kann, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Natürlich kann beim Eingehen von Risiken etwas schief gehen (daher sind es ja Risiken). Doch mit negativen Konsequenzen ist hier gemeint, dass allein das Eingehen des Risikos keine negativen Folgen für den Einzelnen oder die Person hat.

Somit bestärkt psychologische Sicherheit die Teammitglieder darin, offen (kritische) Fragen zu stellen, ihre Meinung oder auch Bedenken zu äußern und auch mal gern (unkonventionelle) Ideen zu teilen.

Einige Indikatoren für eine geringe Psychologische Sicherheit

Vor einer Weile habe ich eine Führungskraft erlebt, die immer wieder ins Team gesagt hat, dass sie davon ausgeht, dass wir uns hier jawohl alle vertrauen. Im Team gab es daraufhin ein inniges Schweigen. Mein erster Gedanke hierzu war, dass es leider nicht ganz so einfach ist mit dem Vertrauen (aber ehrlich gesagt, es wäre doch toll, wenn es so funktionieren würde 😉 ). Und die Tatsache, dass niemand hierzu etwas kommentiert hat (weder Zustimmung noch Verneinung oder Diskussion), könnte durchaus bereits ein Anzeichen für fehlende psychologische Sicherheit sein (denn wer widerspricht schon offen der Führungskraft bei so einem Thema?).

Vielleicht kennst Du auch derartige Beispiele? Eine Führungskraft oder ein Teammitglied äußert seine Meinung und niemand reagiert…

Ein etwas schwieriger greifbarer Indikator ist mangelnde Interaktion. Hier gilt es zu berücksichtigen, dass jede Person einen individuellen Charakter hat und vor Allem introvertierte Persönlichkeiten tendenziell weniger mit ihren Kollegen interagieren, als extrovertiertere Kollegen. Auch hat jeder hier persönliche Vorlieben, einige reden vielleicht nichts gern privat. Die Art des Teams zieht auch oft gewisse Persönlichkeiten an. Beispielsweise (etwas pauschal ausgedrückt) hat ein Marketing-Team vermutlich von Haus aus mehr Interaktion, als beispielsweise ein Team von spezialisierten Ingenieuren. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass es kein definiertes Level an Interaktion gibt, das als richtig definiert werden kann.

Hierbei ist es wichtig, sie einzelnen Persönlichkeiten etwas besser zu kennen und abschätzen zu können, ob sie in dem jeweiligen Team „weniger“ als für sie üblich interagieren.

Ein weiterer Indikator, der vor Allem von den Führungskräften eine Menge Fingerspitzengefühl abverlangt, ist das Vorhandensein von latenten Konflikten (oder Spannungen) zwischen einzelnen Teammitgliedern, die irgendwie „spürbar“ sind, aber nicht direkt angesprochen werden, oder sogar geleugnet werden. Das Vorhandensein eines Konfliktes ist hierbei nicht das Thema, sondern dass er nicht angegangen oder geklärt wird. Derartige Konflikte, die im Raum stehen bleiben, kosten das Team im Ganzen über die Zeit immer mehr Energie (wie ein großer weißer Elefant im Raum, um den jeder versucht herum zu kommen, selbst wenn man gar nicht direkt betroffen ist).

Ein aus meiner Sicht wieder etwas greifbarerer Indikator ist die Angst vor Fehlern. Leider gibt es bei vielen Menschen ein gewisses Perfektionismus-Streben, das gern auch auf einer Angst davor besteht, Fehler zu machen. Wo dieser individuelle Perfektionismus herkommt und wie man (sofern man selbst darunter leidet) ihn bearbeiten kann, kann im Rahmen von individuellen Coaching-Sitzungen aufgearbeitet werden und hoffentlich dann durch neue Einstellungen und Verhaltensweisen ersetzt werden, die die jeweilige Person voran bringt. Doch zusätzlich zu dieser persönlichen Angst vor Fehlern gibt es auch eine gleichartige Angst im Team-Kontext. Da psychologische Sicherheit ein Teammitglied, bzw. das gesamte Team ja zum Eingehen von Risiken (und damit der Gefahr von Fehlern) ermutigt/befähigt, ist es logisch, dass die Angst vor Fehlern zeigt, dass im Team keine ausreichende psychologische Sicherheit herrscht. Diese Angst vor Fehlern lässt sich beispielsweise dadurch erkennen, dass immer eine Ausrede mit einem anderen Schuldigen parat ist, wenn etwas schief gelaufen ist. Auch eine permanent stark abneigende Haltung gegenüber Änderungen oder neue Ideen kann auf diese Angst vor Fehlern hinweisen. Weiterhin kann auch die fehlende Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme auf diese Angst hinweisen. Die Angst vor Fehlern sollte jedoch nicht an einem einzelnen Beispiel „diagnostiziert“ werden, sondern (vor Allem von der Führungskraft) über einen längeren Zeitraum beobachtet werden.

Ein weiterer Indikator ist mangelnde Offenheit und entsprechendes Taktieren. Wenn Du Dir die Frage stellst, warum einzelne Personen ein taktierendes Verhalten an den Tag legen, wirst Du vermutlich irgendwie auch die Erkenntnis dabei haben, dass diese Personen offensichtlich nicht bereit sind, ihre „wahre“ Meinung kund zu geben oder sich so zu zeigen, wie sie wirklich sind.

Es gibt noch viele weitere Indikatoren, doch ich hoffe, dass diese Beispiele Dich bereits zum Nachdenken anregen. Wenn Dir hierzu eine persönliche Situation einfällt, die Du selbst erlebt hast, die auf fehlende psychologische Sicherheit hinweisen, freue ich mich sehr, wenn Du sie mit mir teilst.

Wie kannst Du die psychologische Sicherheit in Deinem Team stärken?

Grundsätzlich ist psychologische Sicherheit nicht nur „Chefsache“. Jedes Teammitglied kann und muss hierzu beitragen. Aus meiner Erfahrung reicht manchmal schon ein einziges störendes Team-Mitglied, um die psychologische Sicherheit maßgeblich zu verringern. Damit Du nicht dieser Störfaktor bist (und sofern Deine Führungskraft auch als positives Beispiel voran geht), hast Du verschiedene Möglichkeiten:

  • respektvolles Verhalten: Aus meiner Sicht fängt es damit an. Zu einem respektvollen Verhalten gehört eine Kommunikation auf Augenhöhe. Aus meiner Sicht setzt es ein Menschenbild voraus, indem man sich selbst und sein Gegenüber als gleichwertig (und vielleicht auch gleich wichtig) erachtet. Um dies zu erreichen, kannst Du Zuhören um des Verstehens willen (im Gegensatz zu Zuhören um zu Antworten) üben. Du kannst Dein Gegenüber grundsätzlich ausreden lassen, damit er seinen Gedanken zu Ende führen kann. Bei der Kommunikation auf Augenhöhe liegt hier der Schwerpunkt darauf, Dein Gegenüber weder abzuwerten („Nein, das ist falsch“, aber auch unterschwelliger, wie: „Und was ist mit XYZ? Das hast Du nicht berücksichtigt“), noch aufzuwerten („wow, danke! Genau so machen wir das“ oder manchmal auch sowas wie „ich wusste, ich kann mich auf Dich verlassen“), sondern auf Augenhöhe zu halten (z.B. „Danke für Deinen Input, lass mich das Verstandene nochmal zusammen fassen“). Kommunikation auf Augenhöhe ist aber wirklich eine Kunst, da es uns als Menschen nunmal „im Blut liegt“ zu beurteilen, womit wir automatisch auf- oder abwerten.
    Respektvolle Kommunikation besteht aus vielen Elementen. Dazu gehört auch eine empfängerorientierte Kommunikation, in der die eigene Wortwahl, sowie die Komplexität der Aussage an die (vermuteten) Kenntnisse des Gegenüber angepasst werden. Das Verlassen des eigenen Fachjargon ist auch sehr hilfreich für die empfängerorientierte Kommunikation.
  • Wertschätzung: Auch Wertschätzung beginnt bei Dir selbst. Um anderen wirkliche Wertschätzung zu zeigen, ist es tatsächlich wichtig, dass Du Dich selbst auch schätzt. Wie auch Respekt meine ich hier auch eher eine innere Einstellung, als einen speziellen Kommunikationsstil. Die oben erwähnte Kommunikation auf Augenhöhe spielt auch hier eine große Rolle und Wertschätzung sollte nicht mit „auf ein Podest heben“ verwechselt werden. Grundsätzlich glaube ich, dass ein respektvolles Verhalten bis zu einem gewissen Maß auch ohne Wertschätzung meines Gegenüber oder mir gegenüber erfolgen kann. Allerdings führt Wertschätzung zu einer Authentizität und Selbstoffenbarung, die andere Teammitglieder bestärkt, sich auch zu öffnen.
  • Offene Kommunikation: Hier gilt es selbst als positives Beispiel voran zu gehen. Überlege, was von Deinen Informationen wichtig oder interessant für die anderen sein könnte und präsentiere die Informationen leicht verständlich. Dies bedarf einiger Übung und der „richtige“ Grad an offener Kommunikation ist auch wieder teamabhängig und bedarf evtl. einer Übung.
  • Aufbau einer Fehler- und Lernkultur: derartige kommunikative Übungen können schonmal schief laufen. Für das Team ist es hier wichtig, Fehlern gegenüber tolerant zu sein und als Teil der Fehlerkultur zu akzeptieren, dass niemand perfekt ist (ja, auch man selbst nicht). Hier gibt es eine Tücke, die der Performance des Teams und tatsächlich auch der psychologischen Sicherheit entgegenwirkt: Tolerieren von Fehlern ist wichtig, doch dazu gehört auch das Lernen aus ihnen als Bestandteil der Fehlerkultur. Sollte beispielsweise ein Teammitglied immer wieder die gleichen Fehler machen (beispielsweise als Teil der Arbeit, oder auch als völlig falsche Art der Kommunikation) ohne daraus zu lernen, führt das zu Frust im Team und sicherlich über früh oder lang auch dazu, dass das nicht mehr angesprochen wird (denn es ändert ja sowieso nichts)… An dieser Stelle wäre aus meiner Sicht das Maß an Toleranz überschritten und der so wichtige Teil der Lernkultur wurde vergessen.
  • Einbeziehung aller Teammitglieder: Hierzu möchte ich Dir ein Gedankenspiel vorstellen: Stell Dir vor, Deine Führungskraft hat eine für Deine Arbeit wichtige Entscheidung getroffen, ohne Dich vorher nach Deiner Meinung dazu zu fragen. Du hast das Gefühl, dass diese Entscheidung für Dich weder nachvollziehbar, noch sinnvoll ist und vielleicht auch aus Deiner Sicht wesentliche Merkmale vergessen wurden… Wie gut wirst Du diese Entscheidung respektieren können? Und wie überzeugend wirst Du sie mittragen?
    Nun stell Dir vor, Deine Führungskraft hat Dich vor der Entscheidung nach Deiner Meinung gefragt. Du hast die aus Deiner Sicht wesentlichen Punkte angebracht und ihr diskutiert diese. Im Rahmen dieser Diskussion erklärt die Führungskraft die für sie sehr wichtigen Punkte und warum diese sicher gestellt werden müssen. Nach dieser längeren Diskussion trifft die Führungskraft tatsächlich die gleiche Entscheidung wie oben, doch nun weißt Du, warum, und evtl. auch, welche Teile bei der Umsetzung der Entscheidung wirklich wichtig sind, bzw. an welchen Stellen Du die für Dich wichtigen Punkte operativ einbauen kannst, bzw. wo ihr noch über andere offene Entscheidungen reden müsst, um diese umzusetzen… Wie überzeugt wirst Du in diesem Fall die Entscheidung mittragen?
    Hier gibt es noch eine andere Annahme, die auch gern zu mangelnder Offenheit führt: demokratische Entscheidungen. Bei demokratischen Entscheidungen werden zwar alle Mitglieder mit einbezogen (denn jeder hat Stimmrecht), doch sofern es keine einstimmige Entscheidung war, ist es offensichtlich, dass einige Sichtweisen in der Entscheidung unbeachtet bleiben (und zwar von allen, die dagegen gestimmt haben). Demokratische Entscheidungen bieten sich im Team häufig nur bei geringer Relevanz für’s Team an (beispielsweise die Wahl des Lokals für’s nächste Teamessen). Bei wichtigen Entscheidungen führt eine demokratische Abstimmung aber durchaus gern zu Unmut bei jenen, die dagegen waren… Ich denke, ich werde hierzu im Laufe der Zeit noch einen separaten Artikel oder eine Podcastfolge erstellen.
    Um wirklich alle mit in die Entscheidung/Lösung einzubeziehen, ist es wichtig, aus den ausgedrückten Meinungen/Standpunkten die wesentlichen Aspekte heraus zu arbeiten, die für wichtig erachtet werden und diese offen zu diskutieren und in die Lösung mit einzubeziehen. Spanend ist hier auch, dass es durchaus sein kann, dass einige das Thema nicht für wichtig empfinden und offen kund geben, dass sie noch gar keine richtige Meinung dazu haben. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Teammitglieder nicht zu einer Meinungsäußerung zu zwingen, sondern sie auch zu ermutigen zu sagen, dass sie zu diesem Thema noch gar keine Meinung haben (auf jeden Fall können sie trotzdem aktiv mitdiskutieren und hinterfragen und bilden evtl. im Laufe dessen doch eine eigene Meinung). Sofern man diese Art der Lösung noch nicht gewöhnt ist, ist es am Anfang für alle Beteiligten herausfordernd, in der eigenen Meinung die für einen wichtigen Aspekte klar zu kommunizieren. Beispielsweise „Aus meiner Sicht müssen wir das wie folgt machen“ sollte noch hinterfragt werden mit „Danke für diesen Vorschlag! Kannst Du mir noch etwas genauer erklären, wie Du zu dieser Lösung gekommen bist und welche Aspekte für Dich hier wichtig waren?“ (kleiner Tip: „Warum“ und „Wieso“-Fragen können Abwehr- oder Rechtfertigungsgefühle beim Befragten auslösen und sind daher häufig kontraproduktiv)
  • klare Erwartungen und Rollenverständnisse: Was ist unser Auftrag als Team? Welche Rollen füllen wir aus? Welche Verantwortungen haben wir? All diese Punkte müssen klar ausformuliert (am Besten schriftlich, denn nur ausgesprochenes verändert sich gern über die Zeit im Kopf der Menschen) und kommuniziert und auch regelmäßig hinterfragt werden (sind wir das noch? Können wir das noch? Was ist evtl. nicht mehr wichtig? Was ist neu hinzu gekommen, was ergänzt werden muss?). Dieser Punkt ist insofern wichtig, weil er eine sehr gute erste Plattform für das gemeinsame Teamverständnis und für offene Kommunikation bietet. Er ist noch recht sachlich und da er alle betrifft, sollten auch alle dazu eine Meinung haben.
  • Offene Feedback-Kultur: dieser schwierige Punkt sollte stückweise aufgebaut werden, da es bei wertschätzendem Feedback möglich ist, das Miteinander zu stärken und somit auch das Vertrauen und das Gefühl von psychologischer Sicherheit. Feedback sollte hierbei jeder jedem geben, nicht nur gegenüber der Führungskraft.
  • Sei ein positives Vorbild: Tatsächlich gibt es noch eine Menge mehr Möglichkeiten, psychologische Sicherheit zu stärken. Wichtig ist es in allem, selbst das positives Beispiel schon zu sein, das man gern im Team leben möchte.

Ich hoffe, diese Tips helfen Dir dabei, Dein eigenes Team besser einschätzen zu können und eigene Möglichkeiten zu identifizieren, was Du tun kannst, um die psychologische Sicherheit in Deinem Team zu stärken. Sofern Dich dieses Thema tiefer interessiert, freue ich mich sehr über eine Nachricht von Dir, am Einfachsten per Mail an info@abenteuer-teamwork.com.

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